Von Barber gefällt mir neben dem berühmten Adagio besonders sein herrlich schmalziges Violinenkonzert.
Hier eine kurze Biographie und Werkbeschreibung, gescannt aus dem "Harenberg Konzertführer" (sehr schönes und nützliches Buch).
Der musikalischen Avantgarde hat Samuel Barber nie angehört. Sein Oeuvre ist eher postromantisch zu nennen; harmonisch schöpft er aus dem Fundus des 19. Jahrhunderts, formal greift er häufig auf die Sonatensatzform zurück (so in seinen Sinfonien), wenn auch die Ausdrucksmittel seiner Kompositionen ab den vierziger Jahren erweitert und etwa von Strawinsky beeinflußt scheinen. Barber, Neffe der ehedem renommierten amerikanischen Opernsängerin Louise Homer, studierte 1924-32 am Curtis Institute in Philadelphia Komposition (bei Rosario Scalero), Dirigieren (bei Fritz Reiner) und auch Gesang (bei Emilio Edoardo de Gogorza). Er dachte sogar daran, die Sängerlaufbahn einzuschlagen, verfügte er doch über eine angenehme Baritonstimme. Schon während seiner Studienzeit festigte er seinen Ruf als Komponist; einige seiner Werke aus dieser Zeit - etwa die Serenade für Mezzosopran/Bariton und Streichquartett »Dover Beach« (1931) oder die Cellosonate (1932) - wurden in den Vereinigten Staaten Repertoirestücke. 1935 und 1936 bereiste der Komponist (als Gewinner von Pulitzer Traveling Scholarships und des Preises der American Academy in Rom) Europa; bei seinem Aufenthalt in der Ewigen Stadt entstanden u. a. die 1. Sinfonie und das Streichquartett op. 11. In Italien traf Barber 1935 auch Arturo Toscanini und zeigte ihm einige seiner Kompositionen - mit dem Resultat, daß der Dirigent drei Jahre später in einem Konzert in New York gleich zwei Barber-Werke uraufführte: »First Essay« für Orchester und das berühmte »Adagio for Strings«.
Mit seinem Freund Gian Carlo Menotti kaufte sich Barber 1943 ein Haus in Mount Kisco, New York, wo er bis 1974 die meisten seiner Kompositionen schrieb. Kurz zuvor war er zur US Air Force eingezogen worden. Im ersten Jahr seines Militärdienstes komponierte er zwei Werke, »Commando March« für Blaskapelle und die 2. Sinfonie. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte der Komponist dank eines Guggenheim-Stipendiums nach Europa zurück und wirkte unter anderem als Konsulent der American Academy in Rom.
Während der zweiten Hälfte der vierziger Jahre sowie in den fünfziger Jahren schrieb er eine Reihe von wichtigen Werken, darunter das Cellokonzert, das 1947 den Preis der New Yorker Kritik gewann, die Ballette »Medea« (1946) und •Souvenirs« (1952) sowie die Oper »Vanessa« nach einem Libretto von Menotti, die im Januar 1958 an der Metropolitan Opera uraufgeführt, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und im selben Jahr auch bei den Salzburger Festspielen herausgebracht wurde. Mit einer weiteren Oper Barbers, »Antony and Cleopatra« (Libretto: Franco Zeffirelli nach William Shakespeare), eröffnete die Met 1966 ihr neues Haus im New Yorker Lincoln Center. Das Werk kam zunächst weder beim Publikum noch bei der Kritik an, wurde von Barber jedoch 1974/75 mit Erfolg überarbeitet. Sein letztes Orchesterwerk schrieb Barber 1971 mit »Fadograph of a Yestern Scene«.
Adagio for Strings
Entstehung 1936-38
Uraufführung 5. November 1938, New York
Spieldauer ca. 9 Minuten
Entstehung Im Jahr 1936 schrieb Barber in Rom sein Streichqartett op. 11, dessen zweiten Satz, Adagio, er in den nächsten Jahren unter Beibehaltung der gleichen Opuszahl für Streichorchester arrangierte. Arturo Tos-canini leitete 1938 die Uraufführung der Orchesterfassung; das Streichquartett war zwei Jahre zuvor, am 14. Dezember 1936, vom Pro-Arte-Quartett in Rom uraufgeführt worden - am Tag nach der Uraufführung von Barbers 1. Sinfonie. In den sechziger Jahren bearbeitete der Komponist das »Adagio for Strings« dann noch als Chorwerk, indem er es mit dem Text des Agnus Dei unterlegte.
Zur Musik. Die Umformung des Streichquartettsatzes zum Orchesterstück erfolgte aus klangfarblichen Gründen: Barber wollte sozusagen Öl statt Pastell, vor allem für den strahlenden Höhepunkt des Werks. Das Adagio lebt von einem elegischen Thema mit einem stufenweise in repetitiven Figuren aufsteigenden Motiv als Kern, dessen zart energischer Gestus in resignativer Gegenbewegung zurückgenommen und dann wieder gesteigert wird - eine stete Wellenbewegung bis hin zum strahlenden Höhepunkt, dem ein melancholischer Ausklang folgt. Auch hier wendet Barber jenes Bauprinzip an, das die einzelnen Abschnitte seiner 1. Sinfonie charakterisiert: die konstante dynamische Steigerung hin zu einer leuchtenden Klimax.
Wirkung. Arturo Toscanini, der das Orchesterstück am 5. November 1938 in New York mit dem NBC Symphony Orchestra ur-aufführte, spielte es wenig später auch auf Schallplatte ein. Daß es sich beim »Adagio for Strings« um das weitaus beliebteste Werk Samuel Barbers handelt, dokumentiert unter anderem die Zahl der Schallplattenaufnahmen: Etwa 40 (!) verschiedene Interpretationen sind derzeit erhältlich; darunter auch Toscaninis Einspielung.
Carlo